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Antrag an die Stadt

Antrag an den Bürgermeister der Stadt Geilenkirchen, Thomas Fiedler und an die Stadtverordneten des Rates der Stadt Geilenkirchen

Genehmigung für das Verlegen von „Stolpersteinen“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,

unsere Stadt war Heimat einer der größten jüdischen Gemeinden in der Region Aachen. Ihre Mitglieder wurden unmittelbar nach der Reichspogromnacht von den Nationalsozialisten aus der Stadt vertrieben. Einige konnten sich retten, viele wurden deportiert und in Vernichtungslagern ermordet. Niemand von den Überlebenden kehrte in unsere Stadt zurück.

Das Gedenken an die vertrieben, deportierten und ermordeten Geilenkirchener mit jüdischem Glauben – und an Personen, die aus religiösen, weltanschaulichen oder politischen Gründen verfolgt worden sind, was noch zu erforschen ist – in einer kleinen Stadt wie der unseren, in der die Erinnerung generationenübergreifend ist, fällt nicht leicht. Scham und Trauer über das Geschehene mischen sich bei manchen mit der Sorge, dass das Erinnern Gräben unter den heute Lebenden aufreißen könne. Manche möchten mit dieser schrecklichen Zeit unserer Geschichte nicht mehr behelligt werden.

Dennoch gehören die während der Hitlerzeit aus unserer Stadt Vertriebenen, Verfolgten, Deportierten und Ermordeten zu uns und unserer Stadtgeschichte. Ihr Andenken, ihre Namen und Schicksale, ihre Verdienste um Geilenkirchen aus der Geschichte unserer Stadt ausradiert zu lassen wäre ein später Triumph des nationalsozialistischen Regimes. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen die Betroffenen durch unsere Erinnerung in unsere Stadt zurückholen. Das tun wir auch für uns selber; denn was wir verdrängen kommt in neuem Gewand wieder.

Wir sind denen dankbar, die bereits vor Jahrzehnten Zeugnisse jüdischen Lebens in unserer Stadt zusammengetragen, dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und Beziehungen zu unseren ehemaligen jüdischen Bürgern, ihren Kindern und Enkeln wieder neu geknüpft haben. Beispielhaft möchten wir unseren verstorbenen Ehrenratsherren Hermann Wassen und Frau Elfriede Görtz nennen. Mit der Benennung der städtischen Gesamtschule nach Anita Lichtenstein hat unsere Stadt vor fast zwei Jahrzehnten ein Zeichen der Erinnerung an die jüdische Gemeinde in Geilenkirchen gesetzt.

Die Unterzeichnenden beabsichtigen zum Gedenken an die Geilenkirchener Opfer des Nationalsozialismus und zur Mahnung für zukünftige Generationen sogenannte „Stolpersteine“ (siehe Anlage) zu verlegen. Nach über einem Jahr sorgfältiger Vorbereitung, vielen Gesprächen und einer öffentlichen Informationsveranstaltung am 15.11. 2011 in Haus Basten – wo unter anderem auch das Stolpersteinprojekt vorgestellt worden ist – beantragen wir die Genehmigung für das Verlegen von „Stolpersteinen“ im öffentlichen Raum (auf Gehwegen) – jeweils in Absprache mit der Verwaltung/Tiefbauamt der Stadt. Wir werden keine Stolpersteine ohne Zustimmung der aktuellen Hausbesitzer verlegen. Die Kosten werden – wie z .B. in Wassenberg und Erkelenz und vielen anderen Städten – von Sponsoren und Paten getragen.

Das Projekt „Stolpersteine“ wurde vom Kölner Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen, um der vertriebenen, deportierten und ermordeten Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken: jüdischer Bürger, Sinti und Roma, politisch und religiös Verfolgter, Euthanasieopfer und anderer.

Mit bisher über 33 000 verlegten „Stolpersteinen“ ist das größte dezentrale Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Europa entstanden. Allein in 710 deutschen Städten sind bereits Stolpersteine verlegt worden – im Dezember 2011 auch 10 Stolpersteine in Wassenberg und 23 in Erkelenz.

Bereits drei weiterführende Schulen, die katholische und die evangelische Pfarre und interessierte Bürgerinnen und Bürger in Geilenkirchen engagieren sich für die Verlegung von Stolpersteinen in unserer Stadt. Die ersten drei Steine sind vor dem Wohnhaus von Anita Lichtenstein geplant.

Wir wollen die Öffentlichkeit und insbesondere Schülerinnen, Schüler und Jugendliche unserer Stadt in das Stolpersteinprojekt intensiv einbinden und gemeinsam mit ihnen einen Beitrag leisten, Namen und Andenken der Opfer des nationalsozialistischen Terrors in unsere Stadt zurückzuholen und damit ein unübersehbares Zeichen gegen Rassismus und Menschenverachtung und für Toleranz und Demokratie setzen.

In der Hoffnung, dass Sie diesem Projekt Ihre Zustimmung geben, verbleiben wir

Mit freundlichen Grüßen

Geilenkirchen, den 12.01.2012

Der Arbeitskreis „Initiative Erinnern“

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