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Festakt zum Ruhestandseintritt des Schulleiters

Rede des Schulleiters, Herrn LGED Böken, anlässlich des Festaktes zum Eintritt in den Ruhestand am 29.01.2024:

Liebe aktive und ehemalige Kolleg*innen,
liebe Elternvertreter*innen,
liebe Schüler*innen,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Ritzerfeld,
sehr geehrte Frau Wollenweber für die BR Köln,
liebe Wegbegleiter*innen,
liebe Familie,
liebe Freund*innen,
verehrte Gäste,

ich muss jetzt erst einmal tief Luft holen, da ich mich nach all´ den Eindrücken einigermaßen sprachlos fühle, aber ich muss und will jetzt reden. Und ich rede heute mit einem lachenden, aber auch mit einem weinenden Auge, was, so glaube ich, alle Anwesenden auch gut nachvollziehen können.

Denen, die mir diesen eindrucksvollen Abschied organisiert haben, allen voran dir, liebe Christel, und dir, lieber Hans, für die organisatorische Vorbereitung von ganzem Herzen ein riesen Dankeschön. Ein ebenso großes und herzliches Danke gilt denen, die diese Verabschiedung finanziell oder durch tatkräftige Mitarbeit unterstützt haben, danke an Yvonne Wolf und Parthena Tillmann-Gavranidou für den Förderverein, das Schulamt der Stadt für die tolle Deko, an meine Kolleg*innen Severine Joordens, Maria Slagboom, Guido Beisner und Herrn Hilgers, dem Schulchor, dem Orchester, den Solist*innen für die musikalische Gestaltung, dem Hauswirtschaftsteam, bestehend aus den Kolleginnen Nicole Steffens, Carina Montag und Evelina von Dungen für das Catering. Allen heute aktiven Schüler*innen ein ganz besonders heftiges Danke! Ich bin einfach überwältigt, und es macht mir den Abschied alles andere als leicht.

Zum Glück habe ich mich aber auf diesen Moment, anders, als auf viele andere Momente meiner langen Dienstjahre, wirklich sehr intensiv und gründlich vorbereiten können, da mir das Faktum des 2024 anstehenden Ruhestandseintritts anders, als viele andere Ereignisse meiner aktiven Zeit, wirklich sehr lange vorher bekannt war. Dennoch ist es aber heute auch eine Premiere, da ich erstmals nicht nur Subjekt, sondern auch Objekt meiner Ansprache bin! Hinzu kommt, dass heute bis hierher so viele Überraschungsmomente zu verdauen waren, dass die Sprachlosigkeit doch immer wieder merkbar wurde und wahrscheinlich auch noch werden wird. Sollte ich also einmal hängen, sehe man mir das bitte nach!

Bevor ich aus meiner Perspektive auf die Besonderheit dieser heutigen Situation eingehe, möchte ich mich schon jetzt bei allen Mitgliedern dieser einzigartigen Schulgemeinde, die mir diesen unvergesslichen Tag bereiten, sowie den vielen Wegbegleiter*innen, die heute hier sind, herzlich bedanken. Das alles kann und darf man nicht erwarten, aber man darf sich sehr wohl darüber freuen!

Ich danke dem Schulträger, den aktiven und ehemaligen Kolleg*innen, den aktiven und ehemaligen Mitgliedern meines Schulleitungsteams, dem Sekretariatsteam, dem Hausmeisterteam, den Mitgliedern der Pflegschaften, den Eltern, allen Mitgliedern des Fördervereins, den Schüler*innen, einfach allen, die uns über die Jahre bei der Profilierung dieser Schule unterstützt haben. Ich bitte schon jetzt um Nachsicht, dass ich nicht alle Weggefährt*innen von hier aus persönlich begrüßen kann, das würde den Rahmen einer angemessenen Redezeit mit Sicherheit sprengen.

Der heutige Tag ist ein Tag, an dem ich naturgemäß zurückschaue. Eine lange Dienstzeit geht in die letzte Runde, eine Dienstzeit, auf die ich, bis auf ganz wenige Zeitintervalle mit sehr großer Zufriedenheit, Erfüllung, Dankbarkeit, Demut und auch ein wenig Stolz zurückblicke. Was kann einem Menschen, der am Ende seiner aktiven Dienstzeit bilanziert, Besseres geschehen, als das Gefühl zu haben, dass er, könnte er die ein oder andere Entscheidung wieder treffen, in fast allen Fällen ebenso vorgehen würde, wie er in der Vergangenheit entschieden hat?

Stünde ich heute vor den Fragen, die sich mir in den 1980er-Jahren gestellt haben, würde ich wieder genauso entscheiden. Sie haben auf Ihrer Einladung ein Zitat aus Udo Lindenbergs Titel „Wieder genauso“ lesen können. In diesem Song erzählt der Barde von einem Traum, in dem er dem Sensemann begegnet ist, der ihn fragt, was er ändern würde, wenn er noch einmal ganz von vorn anfangen könnte. Die Antwort, die auch die meine wäre, konnten Sie auf Ihren Einladungen lesen!

Ich habe mich nach dem Abitur für den schönsten Beruf entschieden, den ich mir denken konnte und immer noch kann. Und ich meine hier nicht die immer wieder zu hörenden Vorurteile, die ein GEW-Plakat aus den 1970er-Jahren überzeichnend herausgestellt hat:

(Quelle: GEW-Plakat aus den 1970er-Jahren)

In keinem anderen Beruf hat man die Möglichkeit, an den nachwachsenden Generationen so hautnah dranbleiben zu können. Dies birgt jedoch auch eine gewisse Gefahr, die Gefahr nämlich, dass man in der Illusion lebt, ewig jung zu bleiben! Der heutige Tag lehrt uns, insbesondere aber mich, dass zumindest hier der Terminus „Illusion“ der passende ist!

Dass das ein oder andere Zipperlein auch bewusst macht, dass man in einem gewissen Alter angekommen ist, kann und darf natürlich auch nicht verschwiegen werden. Ich leugne nicht, dass die Dichte der notwendigen Arztbesuche in den letzten Jahren merklich zugenommen hat. Dennoch denke ich gerade an ein Diktat, das du, lieber Dr. Michael Simons, langjähriger Schulpflegschaftsvorsitzender, aber am 16. Mai des vergangenen Jahres in deiner Profession als Chirurg in deiner Praxis gegeben hast. Als ich mit meinen Beschwerden in der rechten Hand morgens vor der Schule bei dir in der Praxis war, hast du in meinem Beisein u. a. in dein Diktiergerät gesprochen: „Keine Verkalkung feststellbar!“ Gemeint war natürlich meine rechte Hand, aber ich habe diese Feststellung gleich wohlwollend und wünschend generalisiert!

Ich freue mich sehr, dass sehr viele Wegbegleiter*innen, die auch stellvertretend für die einzelnen Stationen meiner Vita stehen, heute gekommen sind.

Mein erster Kontakt zur Gesamtschule war meine Einstellung nach Monheim im Sommer 1987. Ich übernahm gemeinsam mit einer Kollegin eine fünfte Klasse, aus der ein Vertreter heute hier ist. Sehr geehrter Herr Kremer, ich war sehr bewegt, als ich vor einigen Jahren beim Klassentreffen in Monheim einige der damaligen 5er wiedertreffen konnte. Danke für Ihr Kommen!

Nach meinen Jahren in Monheim, in denen ich die Vorzüge unserer Schulform erfahren durfte, habe ich die einzigartige Chance gehabt, eine Schule, diese Schule, vom Stand Null bis zum heutigen Tag zunächst 19 Jahre als Stellvertreter und dann 14 Jahre als Leiter zu begleiten, mitzugestalten, mit Leben zu füllen, zu etablieren, erfolgreich zu halten und immer wieder Weichenstellungen für die Zukunft initiieren, beeinflussen und verantworten zu können. Erst in der Vorbereitung dieser Ansprache ist mir bewusst geworden, dass diese Gesamtzeit hier an dieser Schule fast auf den Tag genau die Hälfte meines bisherigen Lebens ausmacht! Aber ich möchte es hier mit Mark Twain halten, der gesagt hat: “Das Geheimnis des Glücks ist, statt der Geburtstage die Höhepunkte des Lebens zu zählen.“

Dennoch war ich in den letzten 12 Monaten doch immer wieder nachdenklich, merkend, dass ich alle die wiederkehrenden Dinge im Laufe eines Schuljahres zum letzten Mal machte. Dieses „das letzte Mal“ ist seit Monaten präsent und daher gehe ich eigentlich auch gut vorbereitet in diese Phase!

Ich  begleite die Geschicke dieser Schule schon seit der Zeit, in der die Stadt Geilenkirchen mit ihr schwanger wurde und den Errichtungsbeschluss gefasst hat. Dabei muss man wissen, dass es ohne eine sehr aktive Elterninitiative 1990 unter Federführung der Eheleute Ortenstein, Sontopski und Bourceau diese Schule nicht gäbe, die Schwangerschaft wäre 1990 überhaupt nicht eingetreten. Umso mehr freut es mich, dass auch Vertreter*innen dieser Gründungselternschaft, die dann auch die erste Spitze des Fördervereins gebildet haben, heute gekommen sind. Liebe Familie Sontopski, liebe Familie Bourceau, auch an dieser Stelle ein aufrichtiges „Danke“ für Ihr weitblickendes Engagement, danke für viele Jahre sehr guter Zusammenarbeit in der Aufbauphase der Schule und darüber hinaus und danke für Ihr heutiges Hiersein, welches Ihre Verbundenheit mit dieser Schule auch nach diesen vielen Jahren dokumentiert!

Die Arbeit hier war für mich immer eine ausgesprochen befriedigende, schöne und erfüllende Tätigkeit mit vielen Höhepunkten. Dabei war mir stets von entscheidender Bedeutung, dass diese Schule für alle in ihr Tätigen, für Schüler*innen und Kolleg*innen ein Lebensraum sein muss, in dem man sich gerne aufhält, den man gerne miteinander gestaltet. Diese Philosophie korrespondiert natürlich mit dem Namen dieser Schule, den wir aus tiefster Überzeugung sehr schnell nach der Gründung Anfang der 1990er-Jahre angenommen haben und dem wir uns seither wirklich verpflichtet fühlen. Der Name „Anita Lichtenstein“ hat uns von Beginn an einen pädagogischen Auftrag gegeben, der immer wieder neu nicht nur auf den Unterricht, sondern auch auf das alltägliche Miteinander ausgestrahlt hat. Es war und ist uns wichtig, dass die nachwachsenden Generationen ihre aus der Geschichte erwachsene Verpflichtung verstehen, aktiv dafür einzustehen, dass sich die furchtbaren Ereignisse des letzten Jahrhunderts nicht so oder auch nur so ähnlich wiederholen.

Mit dieser frühen aber konsequenten Namensgebung und der damit verbundenen pädagogischen Kursbestimmung hat der Gründungsschulleiter Klaus Braun das Fundament für eine dauerhafte und konsequente Auseinandersetzung mit dem düstersten Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte gelegt. Der Name dieser Schule ist seither Programm und keinesfalls ein bloßes Etikett!

Vor ziemlich genau vier Jahren, am 23. Januar 2020, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Yad Vashem anlässlich der Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz gesagt:

„Die Flamme von Yad Vashem erlischt nicht. Und unsere deutsche Verantwortung vergeht nicht. Ihr wollen wir gerecht werden. An ihr, liebe Freunde, sollt Ihr uns messen.“

Diese Schule arbeitet in vielen Projekten aktiv daran, dass diese Flamme auch im übertragenen Sinne hier in Geilenkirchen weiter brennen kann! Die Perspektive, die mit dem Namen dieses kleinen Geilenkirchener Mädchens, das ihr Leben nicht leben durfte, verbunden war und ist, hat uns alle immer wieder, mal früher und mal später, in die richtige Bahn geleitet. Und das war gut so! Und ich hoffe, dass dieser Name auch in der Zukunft diese Schule immer wieder zum richtigen Zeitpunkt erden wird.

Wie wichtig unsere Erinnerungsarbeit war und aktuell auch ist, hat uns die Schändung des jüdischen Friedhofs im Dezember 2019 sowie die m. E. höchst fragwürdige juristische Aufarbeitung dieser Tat mehr als deutlich vor Augen geführt. Dass auch Anfang Dezember, d. h. vor wenigen Wochen, wieder eine antisemitische Aktion am Anita-Lichtenstein-Platz zu beklagen war, zeigt uns, wie wichtig diese Arbeit ist!

Wenn nun aktuell in Geheimtreffen von neofaschistischen Kräften über eine zwangsweise “Remigration” beraten und beschlossen wird, dann dürfen wir nicht schweigen! Auch vor 1933 haben zu viele Menschen zu lange geschwiegen!

Diese Arbeit im Sinne unseres Schulnamens wurde von Frau Goertz, der Freundin Anita Lichtensteins, immer aufmerksam begleitet. Ich habe sie oft und gerne hier in der Schule begrüßt, kann das aber leider heute nicht, da sie die Folgen einer akuten Operation ausheilen muss. Ich sende ihr daher in unser aller Namen die herzlichsten Genesungswünsche und hoffe, dass es ihre Gesundheit zulässt, dieser Schule auch künftig noch lange die Treue halten zu können.

Zu keiner Zeit habe ich mir aber in den vielen Jahren auch nur ansatzweise eingebildet, dass ich das, was ich beruflich schaffen durfte, nur durch eigene Leistung geschafft habe. Ich danke posthum meinen Eltern, die mir in einer wirklich nicht leichten Zeit eine Ausbildung ermöglicht haben, die sie selbst in den Kriegs- und den unmittelbaren Nachkriegsjahren nicht hatten erhalten können. Für unsere heutigen Schüler*innengenerationen ist es nur schwer vorstellbar, dass eine gute Schulbildung und die Möglichkeit zu einem Hochschulstudium auch einmal alles andere als selbstverständlich gewesen sind. Ich hatte die Möglichkeit, mein Abitur zu machen, anschließend ein Studium aufnehmen zu können und freue mich sehr, dass auch Schul- bzw. Studienkolleg*innen heute hier sind, lieber Horst, lieber Norbert, liebe Edda, lieber Jochen, danke für euer Kommen.

Hätte ich nach meinem Studium und dem Referendariat in den ersten Berufsjahren als junger Vater nicht eine Frau an meiner Seite gehabt, die mir den Rücken frei gehalten hat, hätte ich nicht genügend Ressourcen gehabt, die beruflich notwendigen Dinge so zu tun, wie sie damals nötig waren. Auch wenn diese Verbindung leider die dunkelste Phase meines bisherigen Lebens nicht überstanden hat, möchte ich meiner damaligen Ehefrau, dir liebe Marlis, für die erhaltene Unterstützung an dieser Stelle ehrlich und aufrichtig danken. Ich freue mich, dass du heute trotz deiner mehr als angegriffenen Gesundheit hier bei uns bist!

Ich denke, dass alle Anwesenden wissen, was ich mit der „dunkelsten Phase“ meines Lebens gemeint habe. Hätte ich in dieser Phase nicht zwei wunderbare Söhne und etliche wirkliche Freunde, privat und beruflich, an meiner Seite gehabt, stünde ich heute sicher nicht hier vor Ihnen. Auch wenn ich damals zeitweise gedacht habe, dass es, um nochmals Udo Lindenberg zu zitieren, hinterm Horizont wohl nicht mehr weiter zu gehen schien, kamen wieder neue Tage, die ahnen ließen, dass selbst in dieser dunklen Zeit auch wieder helle Momente am Horizont sichtbar wurden und werden! Lieber Björn, lieber Sven, schön, dass ihr heute hier seid!

Danke sage ich daher allen, die mich seit 2008 immer wieder auch in sehr dunklen und traurigen Augenblicken unterstützt haben. Der Begriff „Familie“ hat seit 2008 für mich eine andere Bedeutung als in den Jahren davor! Für mich hat damals eine Devise massiv an Bedeutung gewonnen: Du kannst dir nicht immer aussuchen, was im Leben passiert, doch nur du selbst entscheidest letztlich, was du daraus machst!

Auch hier und heute denke ich natürlich an meine Tochter, der es leider nicht vergönnt war, ihr Leben zu leben. Wie schön wäre es, wenn Jenny heute auch leibhaftig gemeinsam mit ihren zwei Brüdern hier unter uns wäre? Jenny und alle anderen ehemaligen Mitglieder der Schulgemeinde, die uns leider viel zu früh verlassen haben, sind hier aber auch heute durch unseren Baum der Erinnerung präsent.

Wir werden, solange wir es können, versuchen, die Umstände Jennys' Todes aufzuklären, die Aufklärung zu erhalten, die uns die eigentlich zuständigen Stellen leider seit über 15 Jahren versagen!

Es freut mich sehr, dass ein Wegbegleiter, der uns seit 2008 in der Hinterbliebenenarbeit sehr persönlich und mit einem Höchstmaß an Empathie begleitet hat, heute gekommen ist. Und wenn man als Pfarrer den Nachnamen “Fischer” trägt, dann ist eigentlich ja schon dadurch alles in den richtigen Bahnen. Lieber Christian, danke für deine jahrelange Betreuung zu deiner aktiven Zeit als Militärdekan, danke für dein heutiges Hiersein, welches ja auch fast eine Art verspätetes Heimspiel für dich darstellt, denn, auch wenn du heute eindeutig ein Husumer Nordlicht bist, kommst du eigentlich hier aus unserer Region! Schön, dass du heute da bist!

In den vielen Berufsjahren habe ich die große Freude gehabt, Kolleg*innen um mich zu wissen, die bereit waren, die Wege dieser Schule mit Ideen, Kreativität und Arbeitseinsatz mitgestalten zu wollen. Ohne diese Kolleg*innen, die im Laufe der vielen Jahre zu sehr wichtigen Menschen und teilweise zu wirklichen Freund*innen geworden sind, wäre mein Berufsleben nicht so befriedigend verlaufen, wie es verlaufen ist. Auch meinen ehemaligen und aktiven Kolleg*innen möchte ich herzlich danken.

Zurückblickend weiß ich nicht, wie oft ich in den vielen Berufsjahren an die Worte Antoine de Saint-Exupérys denken musste, der meinte: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Liebe Frau Wollenweber, Sie müssen als offizielle Vertreterin der Bezirksregierung jetzt bitte kurz weghören, denn ich halte diese Einstellung gerade dann für sehr wichtig, wenn die Verwaltungs- und Rechtsnormen und –strukturen, die nun einmal auch einen wesentlichen Aspekt von Schule als Institution ausmachen, scheinbar dominieren! Auch hier war eine gute Erdung immer wichtig und wird meiner Meinung nach auch immer wichtig bleiben, denn die primäre Aufgabe von Schule wird immer sein, die nachwachsenden Generationen zu guten Abschlüssen zu bringen und die Kompetenzen zu vermitteln, die zu einem späteren erfüllten Leben als mündige Bürger*innen notwendig sind.

Oftmals habe auch ich mir die Frage stellen müssen, ob denn die Politik, die letztlich unsere Normen setzt, uns, gemeint alle Schulen unseres Landes, und unsere Vorstellungen an der Basis überhaupt wirklich verinnerlicht hat. Was ich hier meine, wird durch eine Karikatur aus einer Abiturzeitung eines Gymnasiums aus den 1970er-Jahren eigentlich sehr gut verdeutlicht und ist heute leider noch ebenso wahr, wie schon damals.

(Quelle: Abiturzeitung aus den 1970er-Jahren)

Sie können mir wirklich glauben, mir würden hier spontan genügend selbst erlebte Beispiele einfallen! Alleine die immer wiederkehrende Diskussion um die Ausgestaltung der Lehrpläne wäre ein lohnendes Beispiel. Und trotz aller Bemühungen über die Jahre, die Lehrpläne zu entlasten, hat man sich leider immer noch nicht zur skandinavischen Lösung einer projektorientierten Formulierung durchringen können.

Sicher sind viele meiner Wünsche und Ideen auch unerfüllt geblieben. Hier aber halte ich es mit dem von mir sehr verehrten Dietrich Bonhoeffer: „Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche!“

Ich danke heute allen, die mich auf dem Weg bis hierhin unterstützt haben und die mir helfend mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben und hoffe, dass es auch in der Zeit des Ruhestands solche wirklichen Freund*innen geben wird.

Auf einer Karte, die ich vor wenigen Tagen vom Kirchenkreis Jülich zu meinem Ruhestand bekommen habe, war „Prediger 3,1“ aus der Lutherbibel zitiert: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ Die Zeit meiner beruflichen Aktivitäten endet, was aber nicht heißt, dass es nicht auch andere Facetten gibt, die vielleicht in den Berufsjahren immer wieder zu kurz gekommen sind, die man jetzt mit mehr Ruhe und Zeit angehen kann.

In den letzten Jahren haben wir mehr und mehr langjährige Kolleg*innen mit und mit in den Ruhestand versetzt, jetzt erwischt es mich auch. Die Zeit rast!

Aber es bleiben immer Spuren dessen zurück, was die vielen Jahre des Tuns hier geschaffen haben. Aber das darf keinesfalls heißen, dass meine Amtsnachfolge nicht eigene Schwerpunkte setzen und eigene Wege finden muss. Ich hoffe, dass diese Schule weiter gepflegt wird und dass der Name dieser Schule auch weiterhin als ständiger pädagogischer Auftrag wahrgenommen wird.

Für mich heißt es nun aber, mich auf ein Leben ohne Schule einzulassen. Es wird sicher eine Umstellung sein, zumal dieser nun beginnende Lebensabschnitt rein rational betrachtet, ja auch der letzte sein wird. Ich weiß wohl, dass es mir nicht schwerfallen wird, mich auf das Leben ohne Schule einzulassen, ich freue mich darauf, auch einmal außerhalb der Schulferien mit dem Wohnmobil zu reisen oder an der ostfriesischen Nordseeküste auszuspannen, aber auch darauf, einmal mehr als nur ein paar Tage in der Stadt verbringen zu können, die mich seit meinem ersten Besuch als Student Anfang der 1980er-Jahre fasziniert. Ich schaue jetzt dich an, liebe Christel, du weißt, was ich meine, da wir beide die Vorliebe für Berlin teilen! Und auch darauf habe ich mich gut vorbereitet, ich hab' nicht nur einen Koffer dort, wie Marlene Dietrich und Hildegard Knef besungen haben, sondern habe mir schon vor einigen Jahren ein kleines Stück Berlin erworben und in weiser Voraussicht einen kleinen Zweitwohnsitz geschaffen, sodass ich künftig, wenn nicht in Teveren, Ostfriesland oder im Wohnmobil, dann vielleicht im Wohnpark Tegeler See in Reinickendorf anzutreffen bin! Es wird mir sicher nicht langweilig werden!

Dabei hoffe ich, dass diese Schule, die auch ein Stück von mir ist, auch in Zukunft in sehr guten Händen ist! Leider ist keine unterbrechungsfreie Neubesetzung der Leitungsstelle möglich gewesen; liebe Christel, lieber Hans, ich weiß diese Schule bei euch in guten Händen und hoffe für euch und die Schule, dass die Nachfolge zeitnah sichergestellt werden kann.

Liebe Christel, du musst dich aber ab sofort auch damit abfinden, dass für dich nun die Phase beginnt, wo du immer wieder daran erinnert wirst, dass auch deine Dienstzeit in einem Jahr endet. Auch dir wird immer wieder klar werden, dass du viele Dinge letztmalig erledigst!

Ich wünsche allen Kolleg*innen, Schüler*innen, kurzum allen Mitgliedern dieser einzigartigen Schulgemeinde eine glückliche Zukunft!

Schließen möchte ich mit ein paar Zeilen aus dem Lied, welches die von mir sehr verehrte Trude Herr vor ihrer Auswanderung nach Fidschi 1987 mit Tommy Engel und Wolfgang Niedecken gesungen hat, welches ich jetzt an die Schulgemeinde richten möchte:

(Quelle: Werbeflyer der Targo-Bank aus 2022)

„… Niemals geht man so ganz,
irgendwas von mir bleibt hier,
es hat seinen Platz immer bei dir.

Nie verläßt man sich ganz,
irgendwas von dir geht mit,
es hat seinen Platz immer bei mir.“

In diesem Sinne: Dat wohr et! Maaht et joot!

Vielen Dank für alles!