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"Gute Ideen in konkrete Aktionen umsetzen - Regionalpolitik in Europa"

Begrüßungsrede des Schulleiters, Herrn LGED Böken, anlässlich des Vortragsabends der Europa-Union mit dem EU-Kommissar Dr. Johannes Hahn im Vorfeld der Verleihung des Karlspreises an den Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Herman von Rompuy am 15.05.2014:

Sehr verehrte Damen und Herren,
liebe Schülerinnen und Schüler,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste,

am 9. Mai 1950 entwarf der damalige französische Außenminister Robert Schuman seine Vision eines vereinigten Europas. Er hatte erkannt, dass es einen wirklichen Friedensprozess in Europa nur mit einer Versöhnung Frankreichs und Deutschlands und einer gemeinsamen Kontrolle der kriegswichtigen Industriezweige Kohle und Stahl geben kann:

„Europa läßt sich nicht mit einem Schlage herstellen und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung: Es wird durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen. Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstellen, in einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offensteht.“

Das, was daraus bis heute gewachsen ist, verdient unser aller Respekt!

Am 29. Mai wird der Karlspreis zu Aachen an den amtierenden Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Herman van Rompuy, verliehen. Dass diese heutige Diskussionsveranstaltung unter dem Thema „Gute Ideen in konkrete Aktionen umsetzen – Regionalpolitik in Europa“ mit Ihnen, sehr verehrter Herr Dr. Hahn, als das für Regionalpolitik zuständige Mitglied der Europäischen Kommission und ehemaliger österreichischer Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, in unserer Schule stattfindet, ehrt auch unsere Arbeit im Sinne eines vereinten Europas und der Versöhnung. Als Leiter dieser Schule möchte ich Sie hier in unserer Aula herzlich willkommen heißen; ich freue mich, dass auch die Anita-Lichtenstein-Gesamtschule ihren Beitrag zum Karlsjahr 2014 leisten kann! Ich begrüße weiter den Landesvorsitzenden der Europa-Union NRW, Herrn Staatsminister a.D. und Regierungspräsidenten a.D. Wolfgang Kuschke, den Vorsitzenden des Karlspreis-Direktoriums, Herrn Oberbürgermeister a.D. Dr. Jürgen Linden, den Geschäftsführer der Karlspreis-Stiftung, Herrn Vinken, unseren Bundestagsabgeordneten Norbert Spinrath als europapolitischen Sprecher seiner Fraktion sowie Sie, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Wassenberg. Ihnen herzlichen Dank dafür, dass Sie bei der Planung dieser Veranstaltung der Europa-Union Geilenkirchen auf uns zugekommen sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen allen ein herzliches Willkommen!


Diese Schule hat sich nach der Namensgebung im Jahre 1993 zur andauernden Aufgabe gemacht, die nachwachsenden Generationen zur stetigen Toleranz allen Andersdenkenden, Andersgläubigen, Menschen anderer Nationalitäten, eben allen vermeintlich Anderen gegenüber zu erziehen. Der Name eines kleinen jüdischen Mädchens aus Geilenkirchen, welches von den NS-Schergen im Alter von gerade einmal neun Jahren ermordet worden ist, mahnt uns hier tagtäglich! Seit vier Jahren haben wir es in jedem Jahr geschafft mit unserer kompletten neunten Jahrgangsstufe Krakau und Auschwitz zu besuchen. Unsere Europaaktivitäten begannen bereits sehr früh nach der Gründung der Schule im Jahre 1991 Mitte der 1990er Jahre mit dem Aufbau einer Schulpartnerschaft mit einer estnischen Schule. Dies geschah lange bevor die baltischen Republiken Mitgliedsstaaten der EU wurden, da wir immer deutlich die Position vertreten haben, dass Europa nicht an den Grenzen der EU aufhörte und aufhört!

Die Toleranz Anderen gegenüber, die Idee, dass der Andere trotz oder gerade wegen seiner Verschiedenheit ein guter Freund und Partner sein kann, ist auch die Grundlage zu dem Europa gewesen, welches für uns heute doch scheinbar so selbstverständlich geworden ist. Das, was aus dem Plan des Robert Schuman aus dem Jahre 1950 in den vergangenen 64 Jahren entstanden ist, ist ein Europa des Miteinanders und des gegenseitigen Respekts, sicher nicht fertig, sicher nicht optimal, sicher an vielen Stellen noch verbesserungswürdig, aber besser als jedes Europa vor 1950! Gerade die letzten Wochen bzw. Monate und der Blick nach Kiew und die Ost-Ukraine zeigen m.E. mehr als deutlich, worin der Unterschied zwischen einem Europa des Miteinanders und einem Europa der Nationalinteressen besteht. Und wenn die Bayernpartei im Rahmen des Wahlkampfes zur bevorstehenden Europawahl mit einer Abspaltung des Freistaates liebäugelt, dann zeigt dies, dass es auch hier in unserem eigenen Land noch immer Beratungs- und Reflexionsbedarf gibt, und dass solche Gedanken weder eine Alternative für Deutschland, noch eine für Europa darstellen können!

Europa ist in den vergangenen 64 Jahren weit gekommen, aber sicher noch nicht am Ziel! Vielleicht kommen auch wir heute Abend dem Ziel ein kleines Stück näher.

Ich wünsche uns allen einen anregenden Abend und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!