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Abitur 2015

Rede des Schulleiters, Herrn LGED Böken, zur Abiturfeier 2015 am 12.06.2015:

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
liebe Eltern, Großeltern, Verwandte und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste,

mit der aktuellen Oberstufenband als Auftakt begrüße ich Sie alle zur feierlichen Übergabe der Abiturzeugnisse hier in unserer Aula. Ein besonderer Gruß gilt dem ersten Bürger unserer Stadt. Sehr geehrter Herr Bürgermeister Fiedler, wir danken Ihnen für die Würdigung der Leistungen unserer Abiturientia, die Sie durch Ihre heutige Anwesenheit zum Ausdruck bringen.

Wir freuen uns sehr, dass die Schulleitung des Bischöflichen Gymnasiums St. Ursula heute bei uns zu Gast ist. Sehr geehrter Herr Pallaske, sehr geehrter Herr Coers, seien Sie uns herzlich willkommen.

Die wohl weiteste Anreise, obwohl in meiner Nachbarschaft wohnend, hatte unser Bundestagsabgeordneter Norbert Spinrath, der direkt aus der Plenarsitzung in den Flieger eingestiegen ist und dann vom Flughafen Düsseldorf sofort zu uns gekommen ist. Daher hat er es auch nicht zum Gottesdienst geschafft und ist erst zur Feier gekommen; lieber Norbert, schön, dass du heute unser Gast bist!

Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten, Sie alle können durch die heute zu vergebenden Zeugnisse dokumentieren, dass Sie Ihre Schulzeit zu einem mehr als guten Abschluss gebracht haben. Wir entlassen heute mit insgesamt 95 jungen Menschen aus beiden Abteilungen der Sekundarstufe II, d.h. der „normalen“ gymnasialen Oberstufe und der Abteilung „Eichendorff-Kolleg“ den bislang zweitgrößten Abiturjahrgang unserer Schule in die weitere berufliche oder universitäre Ausbildung. Insgesamt vergeben wir heute 92 Zeugnisse der Allgemeinen Hochschulreife und drei Zeugnisse, die den schulischen Teil der Fachhochschulreife dokumentieren. Wir alle können gemeinsam stolz sein auf das Geleistete, und das sowohl mit dem Blick auf die Zahl der heute zu entlassenden Abiturientinnen und Abiturienten, als auch auf die Qualität der einzelnen Zeugnisse. So können wir 12 mal eine Eins vor dem Komma vermelden, das beste heute zu vergebende Abiturzeugnis hat einen Schnitt von 1,3 mit 270 von 300 Punkten alleine in der Abiturprüfung, das damit das drittbeste Abiturergebnis in der mittlerweile 18-jährigen Abiturgeschichte unserer Schule darstellt! Mit einem Schnitt von 2,6 stellt das diesjährige Abitur das bisher beste Gesamtergebnis dar. Auch das Faktum, dass von den ca. 250 Abiturklausuren nur 13 Abweichungsprüfungen impliziert worden sind, spricht für sich!

Getreu Ihrem diesjährigen Motto „Abituri-Enten“, welches übrigens auch eine ganz besondere Ente aus Baden-Baden auf den Plan gerufen hat, doch dazu später mehr, stellt diese heutige Feier gewissermaßen die Auswilderung nach der erfolgreichen Aufzucht dar. Daher habe ich mich über die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schlau gemacht. So empfiehlt die Wildvogelhilfe auf ihrer Webseite ausdrücklich:

„Bei der Auswilderung macht es sich bezahlt, dass Sie bisher versucht haben, Ihren Wasservogel möglichst nicht an den Menschen zu binden. Ganz vermeiden lässt sich ein gewisser Grad an Zahmheit leider nicht. Von großem Vorteil ist es nun, wenn Sie mehrere Vögel gleichzeitig auswildern, die zusammen aufgewachsen sind. Das erleichtert ihnen das Loslösen von den Zieheltern und gibt ihnen ein höheres Maß an Sicherheit. Wie bereits weiter oben erwähnt, sollten Wasservögel nicht einzeln ausgewildert werden, sondern nach Möglichkeit immer in Gruppen mit Artgenossen, weil dies ihre Überlebenschancen maßgeblich erhöht.“
(Quelle: http://www.wildvogelhilfe.org/aufzucht/wasservoegelaufzucht.html)

Dann haben wir ja in den letzten Jahren und auch heute alles richtig gemacht, oder? Auf dem Weg zu dem Ziel, das Sie alle heute erreichen, hatten Sie Helferinnen und Helfer an Ihrer Seite. Daher gilt unser gemeinsamer Dank heute zu allererst Ihren Eltern, die Ihnen doch immer wieder den äußeren Antrieb gegeben haben, die Herausforderung „Schule“ anzunehmen! Danken wollen wir aber auch allen Lehrerinnen und Lehrern, die Ihnen hier oder in anderen Systemen der Sekundarstufe I zu einem Abschluss verholfen haben, der Ihnen den Besuch der gymnasialen Oberstufe ermöglicht hat. Last but not least gilt unser Dank den Kolleginnen und Kollegen, die Ihnen den Weg durch diese gymnasiale Oberstufe geebnet haben, für die Abteilung III allen voran die beiden Tutoren, Frau Friedrichs und Herr Dr. Evertz, Letzterer als promovierter Biologe sicher eine große Hilfe für die Wasservogelschar! Ich weiß Sie alle und auch die beiden Tutoren an meiner Seite, wenn ich zwei Personen ganz besonders danke, die Ihren Weg in und durch die dreijährige Oberstufe in sehr intensiver und individueller Weise begleitet haben, gemeint sind hier, Sie werden es ahnen bzw. wissen, Ihr Noch-Abteilungsleiter, Herr Beisner, mit seiner Koordinatorin, Frau Tischer. Letztere hatte wohl zu ihrem Geburtstag noch nie eine vergleichbar große Gratulantenschar wie heute. Liebe Sonja, auch an dieser Stelle unsere herzlichsten Glückwünsche! Für die jungen Damen und Herren der Abteilung IV, die nach zweijährigem Sonderlehrgang mit dem Abitur entlassen werden, danke ich dem Noch-Klassenlehrer, Herrn Dr. Kerkhoff, für die Betreuung im nun endenden Schuljahr, zugleich aber auch den beiden Ruheständlern Frau Thelen-Ise und Herrn Peinkofer, die Sie im ersten Jahr des Sonderlehrgangs betreut haben und die ich an dieser Stelle ganz herzlich in unserer Mitte begrüßen möchte.

Meine lieben Abiturientinnen und Abiturienten beider Abteilungen, Sie verlassen heute diese Schule sehr wahrscheinlich mit gemischten Gefühlen. Es ist toll, dieses Etappenziel erreicht zu haben, die Türen für die weitere Lebensplanung stehen weit offen. Die oder der eine von Ihnen hat vielleicht schon sehr konkrete Pläne, wie es ab morgen weitergehen wird, aber vielleicht gibt es auch noch Unentschlossene unter Ihnen, die ganz bewusst zunächst einmal Abstand gewinnen wollen, um dann die Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen. All´ das ist absolut legitim, aber verdeutlichen Sie sich bitte, dass es ein Privileg ist, dass Sie diese Entscheidungen treffen können. Letztlich aber ist das Leben nicht vollständig planbar; aber gerade das macht es so spannend! So hat vor einigen Jahren einer unserer Abiturienten ein Auslandsjahr in Australien verbringen wollen. Aus dem Jahr wurden mehrere, mittlerweile ist Australien seine zweite oder vielleicht sogar erste Heimat! Einer unserer diesjährigen Abiturienten wird in Kürze die Reise über den großen Teich antreten und ein Studium an der University of Connecticut antreten.

Ihre Urgroßväter und Urgroßmütter vor 100 Jahren waren da in einer ganz anderen Situation. Heute vor 100 Jahren tobte in Europa ein furchtbarer Krieg, die Schlachten in Frankreich und Russland waren in vollem Gange, für die männlichen Absolventen der Schulen hieß der erste Weg an die Front, für viele war es zugleich auch der letzte. Vor 70 Jahren war der Zweite Weltkrieg gerade beendet, Deutschland und Europa befreit. In diesem Bewusstsein versteht man, dass ich zuvor vom Privileg der Entscheidung gesprochen habe.

Schaut man allerdings genauer hin, so stellt man leider auch aktuell fest, dass die Menschen in Europa noch immer nicht miteinander zusammen leben können, ohne die Option eines Krieges in die Planung einzubeziehen. Immer dann, wenn in den letzten Monaten die Bilder aus der Ostukraine zu sehen waren, habe ich mich gefragt, ob das alles nur dadurch möglich ist, dass die Anzahl derer, die einen oder zwei Weltkriege in Europa erlebt haben, mittlerweile zu klein geworden ist.

Ihnen allen wünsche ich, dass Sie Ihren weiteren Lebensweg in einer friedvollen und friedliebenden Gesellschaft gehen können, Ihrer Generation, dass sie ein gutes Gefühl für die Einbeziehung wirklich aller europäischen Nationen in einen ständigen Dialog hat.

Wir hoffen, dass die Zeit, die Sie alle an dieser Schule verbracht haben, prägende Eindrücke hinterlassen hat. Ihr Jahrgang war in der mittlerweile fast 25-jährigen Schulgeschichte der erste, der in der Jahrgangsstufe 9 die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz besucht hat, eine Studienfahrt, die seither alle neunten Jahrgangsstufen miterleben konnten. Aus vielen Gesprächen mit Ihnen, zum Teil schon während der damaligen Fahrt vor Ort in Krakau und Auschwitz, und den Sie unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen, weiß ich, dass diese Fahrt eines der prägendsten Erlebnisse Ihrer Zeit an der Anita-Lichtenstein-Gesamtschule gewesen ist.

Noch immer habe ich die Worte Wilhelm Brasses, dem ehemaligen Lagerfotografen von Auschwitz als Funktionshäftling im Ohr, der uns beim Gespräch in Krakau sagte, dass er uns als seine Freunde empfangen würde. Sie hatten als einziger Jahrgang die Gelegenheit, diesen eindrucksvollen Menschen zu treffen, der in den Monaten nach unserem Besuch leider verstorben ist.

Erinnern möchte ich an dieser Stelle an eine Äußerung des Auschwitz-Überlebenden und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel: „Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, der wird selbst zum Zeugen werden.“ Ich möchte Sie alle genau in diesem Sinne Elie Wiesels als Zeugen auf Ihren weiteren Lebensweg entlassen.

So glücklich Sie alle heute berechtigterweise sind, so wichtig ist es, dass Sie sich auf viele weitere Prüfungen und auch Niederlagen vorbereiten, die Ihnen dieser weitere Lebensweg bereithalten wird. Und auch an diesen Prüfungen, sowohl den bestandenen, als auch den nicht erfolgreich absolvierten, werden Sie stärker. Um mit Goethe zu sprechen: „Die Schwierigkeiten wachsen, je näher man dem Ziele kommt.“

So wünsche ich Ihnen auf Ihrem weiteren Weg durch das Leben die Weisheit, immer das aus den Dingen zu machen, was zu einer Vermehrung des Glücks führt.

Am heutigen Tag wollen wir aber auch an die Familien in Haltern am See denken, die sich nicht, wie Sie, über einen erfolgreichen Schulabschluss freuen können, an die Familien, die ihre Kinder vor drei Monaten auf grausame Weise verloren haben. Ereignisse dieser Art zeigen mehr als deutlich, dass bei aller Planung, die man für den eigenen Lebensweg machen kann, die große Regie des Lebens in anderen Händen liegt!

Wir sind mit der aktuellen Oberstufenband in die Feier gestartet. Die ehemalige Band „Away from Reality“ hat sich zur heutigen Feier zu Ehren ihrer beiden ehemaligen Mitglieder Sandra und Kian, die heute zur Abiturientia gehören, nochmals zusammengefunden. Hier möchte ich Sie alle auf die mit Unterstützung des Fördervereins professionell produzierte CD hinweisen, die Sie nach der Veranstaltung bei den Bandmitgliedern zum Preis von 10,00 € erwerben können. Wir bedanken uns schon jetzt bei Ihnen für Ihre Unterstützung!

Ich danke an dieser Stelle allen, die an der Vorbereitung dieser Feier und dem vorangegangenen Gottesdienst ihren Anteil hatten. Allen Helferinnen und Helfern im Hintergrund gilt mein herzlicher Dank, Ihnen allen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!